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Ewald Ospelt tritt an den Wahlen 2019 nicht mehr an - Interview

25. Oktober 2018
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«Bür­ger­meister zu sein, ist ein Pri­vileg auf Zeit» – Ewald Ospelt tritt bei der Wahl 2019 nicht mehr an

INTERVIEW Bürgermeister Ewald Ospelt kandidiert nach 12 Jahren für keine weitere Legislaturperiode und wird sich somit 2019 nicht mehr als Bürgermeister der Wahl stellen. Im Gespräch mit dem «Volksblatt» beleuchtet er seine langjährige Politiklaufbahn und zieht Bilanz über seine Arbeit.

VON HANNES MATT

«Volksblatt»: Herr Ospelt, seit 2007 sind Sie Bürgermeister im Hauptort, Vorsitzender der Vorsteherkonferenz und etlicher Kommissionen sowie Arbeitsgruppen. Zudem konnten Sie bereits in den Jahren 1995 bis 2003 als Gemeinderat und Vizebürgermeister die Entwicklung von Vaduz mitgestalten. Sind Sie nun nach diesen 20 Jahren «politikmüde» geworden?

Ewald Ospelt: Die Arbeit als Bürgermeister kann nur bedingt mit einer anderen beruflichen Tätigkeit verglichen werden. Es ist auch so, dass vor allem in der laufenden Legislaturperiode die Zusammenarbeit im Gemeinderat überwiegend konstruktiv und kollegial war bzw. ist. Wir konnten während meiner Amtszeit gemeinsam vieles umsetzen und Vaduz dadurch in unterschiedlichen Bereichen sichtbar weiterentwickeln. Gemeinsam heisst hier auch, dass alle Mitarbeitenden der Gemeindeverwaltung jeweils grosse Budgetvorgaben mit vorbildlichem Einsatz bewältigten. Politisch gesehen war es ebenfalls eine äusserst erfolgreiche Zeit, in welcher die FBP-Fraktion mit acht Sitzen eine Mandatsstärke wie letztmals im Jahr 1975 gewinnen konnte. Auf Ihre Frage bezogen bin ich nicht «politikmüde». Sagen wir es doch so, ich bin bereit für Neues bzw. eine andere Lebensphase.

Wenn alles aktuell so gut läuft wie Sie sagen, warum machen Sie denn jetzt nicht weiter?

Wie heisst es doch so schön: Alles hat seine Zeit oder man soll dann aufhören, wenn es am schönsten ist. 12 Jahre Bürgermeister sind eine Zeitspanne, in welcher man vieles gestalten und eine sogenannte «Firmenkultur» prägen kann. Mit meinem Verzicht auf eine neuerliche Kandidatur wird Raum für Neues geschaffen und zudem sichergestellt, dass auch in Zukunft das Gestalten vor dem Verwalten stehen wird. Neuerungen gab es auch bei meinem Amtsbeginn im Jahre 2007. Beispielsweise habe ich getreu dem damaligen Wahl­slogan «Vertrauen verbindet» der Gemeindeverwaltung mehr Vertrauen geschenkt und forderte sie zugleich auf, mehr Verantwortung zu übernehmen. Ein klassisches Wechselspiel und damals ein gelungener Kulturwechsel im Führungsverständnis. Die Motivation der Mitarbeitenden stieg. Gemeinsam bewältigten wir dadurch unsere vielfältigen Aufgaben wesentlich speditiver zum Wohl der Menschen in Vaduz. Das von 2007 bis heute umgesetzte Investitionsvolumen über insgesamt mehr als 200 Millionen Franken spricht dabei für sich.

Es wird immer wieder in den Raum gestellt, dass die Gemeinde Vaduz im Geld schwimmt und dennoch nichts umgesetzt werden kann. Ist das wirklich so?

Die Gemeinde Vaduz steht mit dem erwähnten Investitionsvolumen der vergangenen 11 Jahre landesweit und nachweislich einsam an der Spitze. Allein in diesem Jahr ertüchtigen wir unsere Infrastrukturen im Hoch- und Tiefbau mit einem Volumen von rund 40 Millionen Franken. Es ist natürlich erfreulich, dass Vaduz finanziell gut aufgestellt ist. Dafür braucht man sich ja auch nicht dauernd zu entschuldigen. Vaduz wies letztes Jahr im Landesvergleich mit 2,1 Prozent das höchste Bevölkerungswachstum aus und mit dem grössten Plus an Arbeitsplätzen bieten wir nun Raum für rund 10 400 Beschäftigte. Wir sind also nicht nur Hauptort, sondern das Arbeitsplatzzentrum Liechtensteins. Unser Finanzvermögen konnte in den vergangenen 11 Jahren trotz der unerfreulichen Finanz- und Wirtschaftskrise um 200 Mio Franken erhöht werden. Gleichzeitig durften wir im selben Zeitraum Grundstücke und Liegenschaften im Wert von über 100 Mio. Franken erwerben, mit welchen sich der strategische Handlungsspielraum für kommende Generationen beträchtlich erhöht.

Und dennoch gab es in Ihrer Zeit bei grösseren Bauprojekten Widerstand – angefangen beim geplanten Neubau für ein Verwaltungs- und Geschäftshaus an der Äulestrasse ...

Ja, das war so – schade und vorbei. Der Neubau wurde über ein Initiativbegehren im Jahre 2010 abgelehnt. Ein Hauptargument der Gegner war damals, dass Räumlichkeiten für die Gemeindeverwaltung nicht ins Zentrum gehören würden. Als Ergebnis dieser Abstimmung vor acht Jahren disloziert nun die Bauverwaltung vom Städtle 14 an die Peripherie bzw. an die Wuhrstrasse zum Gemeindewerkbetrieb, wo wir erst kürzlich den Spatenstich für ein gemeinsames Projekt mit dem LRK-Rettungsdienst vollziehen durften. Meines Erachtens ist dies für die Gemeinde aus verwaltungsökonomischer Sicht zwar ein Rückschritt, bietet jedoch andere Vorteile, die wir gegenüberstellen mussten. Das damalige Initiativbegehren führte übrigens auch dazu, dass der Landtag zwischenzeitlich eine Anpassung im Gemeindegesetz verabschiedete, mit welcher nun verhindert wird, dass nach Ablauf einer Referendumsfrist durch eine nachträglich ergriffene Initiative ein bereits detailliert ausgearbeitetes Projekt kurz vor Baubeginn noch blockiert werden kann und letztlich Planungsleichen in Millionenhöhe entstehen.

Fünf Jahre später folgte dann das nächste Referendum ...

Beim zweiten Projekt zur Erweiterung des Raumangebotes im Haberfeld für den dortigen Kindergarten und die Kita, für zusätzliche Tagesstrukturen sowie die Dislozierung der Tagesschule führte ein Referendumsbegehren zur Erkenntnis, dass die Vaduzer Stimmberechtigten diese Zusammenführung letztlich nicht wünschen. Darauf aufbauend konnte der Gemeinderat dennoch eine umfassende bauliche Sanierung inklusive Erweiterung der Räumlichkeiten mit dem «Kinderhaus Haberfeld» genehmigen und umsetzen. Andererseits durften wir im letzten Jahr die Totalsanierung der Primarschule Ebenholz und einen Neubau für die Tagesschule starten. Der Umzug vom Schulprovisorium in die neuen Schulräumlichkeiten findet bereits im kommenden Frühjahr statt.

Und schliesslich ist auch das Projekt «Gnuag Platz för alli» am Vaduzer Stimmvolk gescheitert.

Hier wurde der Verpflichtungskredit für eine zukunftsträchtige Zentrums­entwicklung gleichzeitig mit den letzten Gemeindewahlen abgelehnt, obwohl ich selbst als Bürgermeister bestätigt wurde. Irgendwie ein Widerspruch (schmunzelt). Die damalige «Schattendiskussion» verhinderte meines Erachtens eine zukunftsträchtige Zentrumsentwicklung. Nach den Gemeindewahlen erhielt der Rathausplatz als Ergebnis dieser Abstimmung ein neues Gesicht und es wurde ein Strategieprozess für das Vaduzer Zentrum unter Mitwirkung der Bevölkerung entwickelt, welcher unlängst in die Konzeptphase überführt werden konnte. Daraus erarbeiten wir nun Teilprojekte.
Sie sehen, mit diesen drei Abstimmungen wurden im Ergebnis wohl Projekte verhindert, aber danach als Resultat zielstrebig etwas Neues umgesetzt.

Gab es eigentlich auch «erfolglose» Referenden in Vaduz?

Ja, gleich in meinem ersten Amtsjahr wurde ich mit einem Referendum gegen den Verpflichtungskredit für einen Neubau eines Wasser- und Abwasserwerkes «beglückt». Bei dieser Abstimmung wurde der Gemeinderatsentscheid bestätigt und der baulichen Umsetzung stand danach nichts mehr im Wege.

Warum gab es hier jeweils eine solche Gegenwehr?

Es scheint so, dass die Vaduzer Stimmberechtigten solchen «Grossprojekten» vielleicht kritischer gegenüberstehen, weil sie durch den Widerstand einzelner Gemeinderäte oder ehemaliger Politiker verunsichert wurden. Ich habe diese demokratischen Entscheidungen aber nicht persönlich genommen. Dies wurde mir übrigens parteiübergreifend immer wieder vermittelt und dabei unterstrichen, dass ihr «Nein» an der Urne nichts mit mir und meiner Arbeit als Bürgermeister zu tun hat, was ja auch meine Wiederwahlen bestätigten. Es gab sicherlich Personenkreise, die gerne mehr parteipolitischen Nutzen aus diesen «Projektniederlagen» gezogen hätten (schmunzelt).

Müssen Sie auch Projekte Ihrer Nachfolge übergeben? Was steht in der Pipeline?

Ich habe nicht die Illusion, alles bis zum 1. Mai 2019 erledigen zu können. Der neue Gemeinderat wird nach den Wahlen bestimmen müssen, welche Projekte in welcher Priorität angegangen werden. Das Landesspital, die Landesbibliothek, ein Neubau des Feuerwehrdepots, ein Neubau des Parkhauses Marktplatz, die Sanierung des Winzerhauses an der Hintergasse, ein Technisches Zentrum LFV, das Haus des Sports, altersgerechtes Wohnen, die Rathausumgebung bzw. die Zentrumsentwicklung insgesamt – das sind alles Themen, die die Gemeinde Vaduz, zum Teil gemeinsam mit dem Land, fordern werden und bei welchen wir bereits umfangreiche Vorarbeiten geleistet haben.

Bauprojekte sind das eine – was war Ihnen ebenfalls wichtig?

Der Mensch. Bauliche Tätigkeiten alleine ergeben keinen Leistungsausweis. Vielmehr steht und stand bei unserem Handeln der Mensch im Vordergrund mit seinen sozialen, gesundheitlichen, kulturellen und sportlichen Bedürfnissen – die Natur, unsere Umwelt und viele andere «weiche» Faktoren sind genauso für unser Wohlbefinden wesentlich. «Vaduz Classic», Ahnenforschung, Alpabtrieb, Filmfest, Ortstaxi, Re­naturierungen, die «BadRagARTz», «Vaduz on Ice», Naturpark Haberfeld, Truubagässli-Fest, Jahrmarkt, Schlösslekeller, kirchliche Anlässe, Verbandsmusikfest, Seniorentreff, FC Vaduz, Feuerwehrtag, Seniorenausflug «Ehre dem Alter», Kinderfasnacht, Städtlelauf, Brockenstube, Jungbürgerfeiern – das alles sind in loser und nicht abschliessender Reihenfolge Stichworte für wiederkehrendes Mitwirken oder direktes Engagement der Gemeinde in Bereichen, die massgeblich zu einem lebenswerten Vaduz beitragen.

Rückblickend auf diese insgesamt 20-jährige politische Arbeit – überwiegen die positiven Momente?

Ja, auf jeden Fall. Die Zeit als Gemeinderat und Vizebürgermeister, die vielseitige Kommissionsarbeit, die Erfahrungen im politischen Zusammenwirken – das alles waren wertvolle Grundlagen für die Zeit danach. Als Bürgermeister musste ich dann eine andere Rolle einnehmen. Ein «Unternehmen» zu führen, wie es die Gemeinde Vaduz mit annähernd 100 Mitarbeitenden und 5700 «Kunden» darstellt, fordert den «Geschäftsführer» bzw. den Bürgermeister jeden Tag auf unterschiedliche Weise. Viele Begegnungen mit Vertretern des Fürstenhauses, der Regierung und des Landtages, mit der Landesverwaltung, mit den Vorsteherinnen und Vorstehern, mit den vielen Gemeindepräsidenten und Bürgermeistern aus dem benachbarten Ausland und etliche andere Kontakte machen den Beruf eines Bürgermeisters spannend und einzigartig. Auch mit vielen Gemeinderäten ergaben sich in diesen insgesamt 20 Jahren parteiübergreifende Freundschaften. Viele andere Begegnungen mit der Bevölkerung in den verschiedensten Lebensbereichen schätze ich ebenfalls. Sie werten Routinearbeiten im Rathaus auf und fördern andere zwischenmenschliche Qualitäten. Bürgermeister zu sein ist deshalb ein Privileg auf Zeit.

Und was macht Ewald Ospelt nach dem 30. April 2019?

Darüber habe ich mir noch keine grossen Gedanken gemacht. Vorerst geht es darum, bis zum letzten Arbeitstag meinen Auftrag als Bürgermeister im Dienste der Gemeinde Vaduz nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen. Gerne würde ich danach eine Weile den sicherlich entstehenden und grossen Freiraum geniessen. Langweilig wird mir sicherlich nicht. Es gibt viele Möglichkeiten in unserem wunderschönen Land, «aktiv» zu bleiben.

Ein Schlusswort?

Ich möchte Danke sagen für die gros­se Gnade, dass ich während meiner Amtszeit bis heute gesund bleiben durfte. Auch möchte ich mich für das mir in all den Jahren entgegengebrachte Vertrauen bei den Wählerinnen und Wählern bedanken – auch wenn ich nicht alle ihre Erwartungen erfüllen konnte. Danke sage ich aber auch allen Mitarbeitenden der Gemeinde Vaduz. Sie leisten wirklich tolle und kundenfreundliche Arbeit für unser Vaduz! Grossen Dank auch den vielen Weggefährten der FBP-Ortsgruppe, die mich jeweils portierten, mich tatkräftig unterstützten und mir damit ihr Vertrauen geschenkt haben. Und ganz besonders danke ich meiner Frau Bettina. Sie war es, die mir mit viel Geduld, grossem Verständnis und etlichen Entbehrungen während dieser Zeit als Vaduzer Bürgermeister zur Seite stand. Mit ihrer Unterstützung in den vielen kleinen, alltäglichen Dingen ging alles wesentlich einfacher.

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