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Kultur als Brückenbauerin in schweren Zeiten

03. Januar 2022
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Interview im Liechtensteiner Vaterland vom 31. Dezember 2021, geführt von Bettina Stahl-Frick.

«Ich liebe Kultur», sagt Manuel Frick. Ein Blick in sein Büro bestätigt, dass er für Kunst tatsächlich ein Faible hat. Gleich neben dem Sofa steht der L-Würfel von Georg Malin. «Bald kommt noch ein Würfel hinzu», freut sich der Kulturminister. Über dem Sofa hängen zwölf Giesskannen aus Draht – ein Werk von Barbara Geyer. «Gerade im Sozialbereich gilt es, Giesskannen zu vermeiden», sagt Manuel Frick. So könnte der Platz in seinem Büro nicht passender sein. Gegenüber seines Schreibtisches hängt ein Werk von Patrick Kaufmann in Blautönen, und die Südwand seines Büros zieren drei Werke von Arthur Jehle. Hier inmitten dieser ausgewählten Werke fühle er sich wohl, sagt Manuel Frick.

Manuel Frick, bleibt Ihnen in dieser turbulenten Pandemiezeit überhaupt noch Zeit, sich um Ihre Aufgaben als Kulturminister zu kümmern?

Manuel Frick: Eines vorweg: Die Kultur hat eine sehr grosse Bedeutung. Entsprechend kann man nicht einfach nichts machen. Deshalb gebe ich mir Mühe, so viel Zeit als möglich in diese Agenda zu stecken. Natürlich drängt die Pandemie, und alles, was damit zusammenhängt, muss sofort bearbeitet werden. So liegt es auf der Hand, dass weniger dringliche Angelegenheiten hinten angestellt werden müssen. Das heisst aber keineswegs, dass in der Kultur irgendetwas liegen bleibt.

Was sind denn die Kernaufgaben, die Sie sich zu Beginn Ihrer Amtsperiode auf die Fahne geschrieben haben?

Diese sind aus der Situation heraus entstanden, nämlich Lösungen zu finden, um die Kulturschaffenden in Zeiten der Pandemie so gut als möglich zu unterstützen. Das Thema hat mich dann auch das ganze Jahr über beschäftigt und leider wird es auch nicht so schnell vom Tisch sein.

Und was konnten Sie projektmässig bislang auf die Beine stellen?

Ein grosses Projekt, das ich auch in der Vergangenheit immer wieder herausgestrichen habe, ist die Burg Gutenberg. Als Balzner liegt mir die Zukunft der Burg natürlich besonders am Herzen. Die Burg wird jetzt schon für diverse Veranstaltungen rege genutzt. Die Nutzung soll künftig aber noch ausgebaut werden. Dabei steht die Frage im Zentrum, wer künftig der Betreiber der Burg sein wird und wer die Veranstaltungen koordiniert. Und natürlich muss auch noch geklärt werden, welche weiteren baulichen Massnahmen sinnvoll sind. Wer schon einmal die Chance hatte, sich die Innenräume der Burg anzusehen, weiss, welch wertvolle Perle sich dort versteckt.

Über die künftige Nutzung der Burg Gutenberg wird ja schon sehr lange diskutiert. Geht konkret etwas vorwärts?

Es ist ein anerkanntes Ziel der Regierung und insbesondere von mir als Kulturminister, dieses Projekt voranzutreiben und schliesslich zu einem Abschluss zu bringen. Wir sind auf einem guten Weg.

Auch beim Kunstmuseum hat sich einiges getan.

Das ist korrekt. Es freut mich sehr, dass das Budget des Kunstmuseums für Werkankäufe erhöht werden konnte. Schliesslich besteht ein staatlicher Sammlungsauftrag. Im November-Landtag haben die Abgeordneten erfreulicherweise grünes Licht gegeben. Worüber ich ausserdem sehr glücklich bin ist, dass die neue Direktorin des Kunstmuseums, Letizia Ragaglia, gut starten konnte, nachdem der bisherige sehr verdiente Direktor Friedemann Malsch seinen (Un-)Ruhestand antrat.

Wurde eigentlich auch in Erwägung gezogen, die Stelle mit einem Liechtensteiner oder einer Liechtensteinerin zu besetzen?

Natürlich. Das Wichtigste ist jedoch, diese Aufgabe in die Hände eines Menschen zu legen, der die nötige Erfahrung dafür mitbringt. Das oberste Ziel muss sein, dass diese Person fähig ist, diese Institution weiterzubringen. Egal woher sie stammt, die Wahl soll auf die bestmöglich geeignete Person fallen. Und das dies mit Letizia Ragaglia so geschehen ist, davon bin ich überzeugt.

Was steht für Sie aktuell als Nächstes an?

Das Gebot der Stunde wird sicher sein, die weitere Unterstützung für Kulturschaffende unter diesen beschwerlichen Vorzeichen zu regeln. Zudem stehen mehrere bilaterale Treffen zum Austausch an. Einige Gespräche durfte ich bereits führen. So habe ich zum Beispiel die österreichische Staatssekretärin für Kultur in Wien getroffen, mich mit Bundesrat Alain Berset ausgetauscht sowie mit der Direktorin des Bundesamts für Kultur. Solche Kontakte möchte ich auf alle Fälle weiterhin pflegen, denn diese sind sehr wichtig. Ebenso der Austausch mit hiesigen Kulturschaffenden und mit der IG Kunst und Kultur.

Mit welchen Problemstellungen werden Sie konfrontiert?

Eines ist sicherlich die soziale Absicherung, insbesondere von freischaffenden Künstlerinnen und Künstlern.

So trifft es sich gut, dass auch das Ressort Soziales in Ihrer Verantwortung steht, oder?

Auf alle Fälle! Es macht Sinn, dass diese Fäden zusammenlaufen. Meine Aufgabe ist es, Kulturschaffenden Lösungen aufzuzeigen, wie eine solide Absicherung aussehen könnte.

Inwiefern können Sie die Ängste und Nöte von Kulturschaffenden nachvollziehen, beziehungsweise müssen diese hierzulande Angst haben, durch das Raster zu fallen?

Ich kann die schwierige Situation sehr gut nachvollziehen. Denn die Herausforderung ist immens und das Gefühl der Ungewissheit ist schwer auszuhalten. Deshalb sind wir bemüht, gute Lösungen für Kulturschaffende zu erarbei-ten.

Apropos Fördergelder: Das TAK und das Kunstmuseum beispielsweise erhalten mehr finanzielle Unterstützung als das Skino oder das Literaturhaus. Wird eine gerechtere Förderung von staatsnahen und unabhängigen Kulturbetriebe angestrebt?

Ich möchte zum Verständnis das Fördersystem erklären: Über staatliche Akteure wie das Landesmuseum, das Kunstmuseum oder die Kulturstiftung hat die Regierung die Oberaufsicht und macht auch deren Budgetierung. Mit dem TAK als privater Akteur besteht eine Leistungsvereinbarung. Die weiteren Institutionen werden im Rahmen ihres Budgets von der Kulturstiftung unterstützt. Überdies ist die finanzielle Unterstützung durch die Gemeinden und durch Private von grosser Bedeutung.

Sie halten dieses System also für gerecht?

Ja. Mir ist schon klar: Jeder hätte gerne mehr Geld. Aber hierbei sind eben auch Grenzen gesetzt. Meiner Meinung nach wird die Kulturförderung in Liechtenstein grosszügig gelebt.

Abgesehen als Minister – welchen Stellenwert nimmt die Kultur in Ihrem privaten Leben ein?

Eine sehr grosse, und zwar schon immer. Ich stamme aus einer sehr musikalischen Familie und nach wie vor spiele ich als Mitglied der Harmoniemusik Balzers Querflöte. Bis zur Matura habe ich überlegt, das Musikkonservatorium zu besuchen. Zwar habe ich mich für einen anderen Weg entschieden, doch noch heute liegt mir die Musik sehr am Herzen. Zudem liebe ich Kunst und sie gehört zu einer meiner Leidenschaften. Auch gehe ich gerne ins Theater oder besuche Konzerte und Lesungen. Jeder kulturelle Besuch bereitet mir Freude und ich sehe es als Privileg an, dass mir und allen anderen Einwohnerinnen und Einwohnern ein so reichhaltiges kulturelles Programm zur Verfügung steht.

Bleibt Ihnen überhaupt noch Zeit, privat solche Veranstaltungen zu besuchen? Wann haben Sie das letzte Mal an einer kulturellen Veranstaltung teilgenommen?

Auf alle Fälle, diese Zeit muss sein. Mein letzter Besuch im Theater war vor Kurzem. Ich war beim jungen Theater Liechtenstein, welches «Die 7 Raben» aufführte.

Wie lassen Sie heute dieses turbulente Jahr ausklingen?

In einem sehr kleinen, familiären Kreis. Ohne Lärm und Hektik. Feines Essen gehört natürlich auch zur Kultur, ebenso wie ein gutes Glas Wein. Ich schätze die Ruhe im Privaten sehr.

Und welcher Wunsch soll sich für Sie 2022 erfüllen?

Für mich drängt sich ganz klar ein gesellschaftspolitischer Wunsch auf. Und zwar dass wir – dort, wo es nicht der Fall ist – wieder zusammenfinden und die Pandemie gemeinsam bewältigen können. Denn dies funktioniert nur miteinander. Ich wünsche mir, dass wir aggressive, raue und gehässige Töne hinter uns lassen können. Und dass wir irgendwann wieder ganz sorglos Kultur geniessen können. Denn diese nimmt gerade in schwierigen Zeiten eine besonders wichtige Rolle ein – unter anderem auch die einer Brückenbauerin.

«Als Balzner liegt mir die Zukunft der Burg Gutenberg natürlich besonders am Herzen.»

«Das Gebot der Stunde wird sicher sein, die weitere Unterstützung für Kulturschaffende unter diesen beschwerlichen Vorzeichen zu regeln.»

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